Beispiele aus der Praxis

Erfolgsgeschichten aus der Materialkategorie Papier

Papier und Karton aus landwirtschaftlichen Abfällen

  • Papier aus ungenutztem Material der Landwirtschaft
  • Kohlenstoff-Fußabdruck zu 47 % geringer als der von FSC-Papier aus Bäumen
  • Bisherige Einsparung von 16.100.000 kg CO₂ durch die Nutzung von Abfällen, die nicht verbrannt wurden

Im Jahr 2015 wurde vor dem Hintergrund der Ressourcenknappheit die Firma PaperWise gegründet. Beim Anbau von Nutzpflanzen für die Lebensmittelindustrie wird nur ein Fünftel der Pflanze verwertet und die restlichen 80 % werden als Abfall gesehen. PaperWise hat durch die Nutzung von landwirtschaftlichen Abfällen, welche sonst überwiegend verbrannt werden, die Papierherstellung revolutioniert. Das Papier besteht zu 100 % aus den Pflanzenabfällen, welche in der Lebensmittelindustrie nicht genutzt werden können. Es würden gerade einmal 1,8 % des weltweit jährlich aufkommenden Abfalls benötigt, um den gesamten Bedarf in der Herstellung für Papier und Karton in Europa für ein Jahr zu decken.

In der Produktion ähnelt PaperWise der konventionellen Herstellung von Papier aus Bäumen und nutzt auch das Sulfatverfahren zur Trennung der Zellulose aus dem Pflanzenmaterial. Zusätzlich unterscheidet es sich optisch nicht und kann bis zu 7-mal wieder als Altpapier recycelt werden. Es werden hauptsächlich Stängel und Blätter von Pflanzen wie Reis, Weizen, Gerste, Roggen, Mais, Hanf, Bananen, Zuckerrohr verwendet. Die Papierfabriken, welche sich in Indien und Südamerika befinden, beziehen den Rohstoff lokal aus umliegenden landwirtschaftlichen Kulturen.

Durch die Nutzung bereits bestehender Pflanzen wird der Umwelteinfluss durch die Papierproduktion stark verringert. Es müssen keine Bäume gezüchtet und bewässert werden. Außerdem wird durch die Nutzung der Pflanzenreste das Verbrennen des Abfalls verhindert und somit die Schadstoffbelastung zusätzlich verringert. PaperWise hat mit ihrer Herstellung einen 47 % geringeren Fußabdruck im Vergleich zu FSC-Papier aus Bäumen und 29 % gegenüber Recyclingpapier. Bisher konnten somit 16 Millionen Kilogramm CO2 eingespart werden.

Papierherstellung aus Hanf

  • Hanf als Alternative zur Holzfaser in der Papierproduktion
  • Höhere Recyclingfähigkeit als Papier aus Holzfasern

Deutschland gehört zu den Spitzenreitern beim Papierverbrauch. Im Jahr 2019 wurden 18,9 Millionen Tonnen Papier, Pappe und Karton verbraucht. Mit mehr als die Hälfte macht den größten Teil die Verpackungsindustrie aus. Durch das steigende Konsumverhalten hat sich der Verbrauch von Versandverpackungen zwischen 2010 und 2020 fast verdoppelt. Da es allerdings seit 2000 einen starken Rückgang in der Nutzung von grafischen Papieren gibt, ist der insgesamte Papierverbrauch nur leicht gestiegen. Trotzdem belastet die Papier- und Pappherstellung die Umwelt bedeutend und daher wäre eine Möglichkeit, um Ressourcen zu schonen, Holzfasern durch eine nachhaltige Alternative zu ersetzen [Naturschutzbund Deutschland e. V. (2022)].

Die bayerische Firma Gmund Papier vom Tegernsee hat eine solche Alternative gefunden: Sie stellt Papier aus Hanf her. Das Unternehmen ist weltweit das erste und einzige, welches Papier dieser Art produziert. Hierbei wird Hanfzellstoff mit Kreide, Kartoffelstärke und Wasser zu einem „Brei“ vermengt. Der einzige Nachteil im Produktionsprozess ist der „Verspinnungseffekt“, welcher aufgrund der Länge der Hanffasern entsteht. Allerdings haben die Techniker bei Gmund Papier auch dieses Problem beheben können [Neulinger, A. (2021)].

Hanf erweist sich durch seine hohe Recyclingfähigkeit als besonders geeigneter Rohstoff zur Herstellung von Papier. In Deutschland wird in der Herstellung zu 70 % Altpapier verwendet und dafür muss bereits Altpapier importiert werden. Hanf hingegen kann bis zu 10-mal dem Recyclingkreislauf zugeführt werden und ist somit im Vergleich zu Papier aus Holzfasern geeigneter. Das Unternehmen forscht auch fortlaufend an anderen Ersatzquellen in der Produktion, wie zum Beispiel Algen aus einer Kläranlage, Kakaoschalen aus der Schokoladenherstellung oder Baumwolle aus der Textilindustrie [Neulinger, A. (2021)].


Nachhaltige Papierproduktion

  • Auf dem Weg bis 2030 die erste klimaneutrale Papierfabrik zu werden
  • Zertifizierung: ISO 14001-Richtlinie für Umweltmanagement

Das Unternehmen Hahnemühle stellt Papiere her, die mit nachhaltigen hochwertigen Materialien nach alter Rezeptur produziert werden. Es hat für seine innovative Papierherstellung im Jahr 2022 bereits zum dritten Mal die Auszeichnung zur „Marke des Jahrhunderts“ sowie ein Jahr zuvor das ISO-Zertifikat 14001 für Umweltmanagement erhalten [Hahnemühle FineArt GmbH (2022)].

Das Unternehmen setzt bei den Rohstoffquellen auf Eukalyptus aus zertifizierten Plantagen und Baumwolle aus Baumwollpflanzen, die bei der Textil- und Ölindustrie als Nebenprodukt anfallen. Unter anderem kamen 2008 in der Produktion auch schnell nachwachsende Rohstoffe wie Bambus oder Fasern aus Hanf und Agaven dazu [Cutes (2022)].

Zur Produktion verwendet der Hersteller ausschließlich Strom aus fossilfreien, erneuerbaren Quellen wie Wind-, Wasser- oder Solarenergie [Cutes (2022)]. Nach eigenen Angaben ist der nachhaltigste Bestandteil der Produktion reines Quellwasser, welches durch einen eigenen Brunnen gepumpt wird und weder vor- noch nachbehandelt werden muss [Conradi, S. und Malitz, N. (2021)]. Seit über 50 Jahren werden zudem alle Papiere säurefrei hergestellt und es wird auf tierische Bestandteile im Leim und in den Papieren verzichtet. Die Firma versucht jeden Aspekt nachhaltig zu gestalten und sich stetig zu verbessern. Ein großes Ziel ist, bis 2030 die erste klimaneutrale Papierfabrik zu werden [Cutes (2022)].


 

 

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