Gebäudeautomation

Das Bild zeigt drei Personen in einem Büroraum.© www.archlab.de

Die Gebäudeautomation basiert auf Informations- und Kommunikationstechnik (IKT), die die Technische Gebäudeausrüstung steuert und regelt. Im Idealfall vernetzt die Gebäudeautomation alle gebäudetechnischen Komponenten und Systeme miteinander. Die Überwachung, Auswertung und Optimierung der einzelnen Komponenten sowie des Gesamtsystems haben das Ziel, die Effizienz des Systems zu verbessern* Rubner, P.; Gochermann, M. und Domann, C. (2019): Die Customer Journey im Wärmemarkt - Studie zu Vertriebschancen für Energieversorger. Ernst & Young GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, (abgerufen am: 02.12.2019). . Durch die Automation der Gebäudetechnik können im Gebäudebetrieb erhebliche Mengen an Energie eingespart werden, denn die Automatisierungstechnik kann ineffizientes Nutzungsverhalten kompensieren. Insbesondere trifft dies zu, wenn die Geräte und Elektronik im Betrieb bleiben, obwohl Räume ungenutzt sind.

In einer Studie des Instituts für Gebäude- und Energiesysteme Fachgebiet MSR-Technik und Gebäudeautomation der Hochschule Biberach* Becker, M. und Knoll, P. (2011): Energieeffizienz durch Gebäudeautomation mit Bezug zur DIN V 18599 und DIN EN 15232 - beauftragt vom Zentralverband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie (ZVEI). Kurzfassung. Hochschule Biberach, Institut für Gebäude- und Energiesysteme Fachgebiet MSR-Technik und Gebäudeautomation, Biberach, (abgerufen am: 15.10.2019). wurden drei identische Schulungsräume hinsichtlich des Energieeinsparpotenzials durch Gebäudeautomatisierung untersucht. Bei einem mittleren Automatisierungsgrad konnten 21 % der Energie eingespart werden. Bei einem hohen Automatisierungsgrad waren es sogar 49 %. Besteht die Möglichkeit einer flexiblen Steuerung der Raumtemperatur, kann eine Absenkung um 1 °C durchschnittlich eine Reduktion des Heizenergiebedarfs um 6 % bewirken* Burmeister, H.; Heilmann, F.; Langenheld, A.; Lenck, T.; Metz, J.; Müller, S.; Peter, F.; Saerbeck, B. und Steitz, J. (2022): Energiesicherheit und Klimaschutz vereinen - Maßnahmen für den Weg aus der fossilen Energiekrise. Agora Energiewende, Berlin 2.1, (abgerufen am: 21.06.2022). .

Künstliche Intelligenz in der Gebäudeautomation

Die International Energy Agency (IEA) geht davon aus, dass der Energiebedarf des Gebäudesektors bis 2050 durch die Kombination von Energiemanagementsystemen und Künstlicher Intelligenz (KI) um 10 % sinken kann* International Energy Agency iea (2019): Perspectives for the Clean Energy Transition - The Critical Role of Buildings. International Energy Agency iea, (abgerufen am: 21.11.2019). . Eine Studie der dena* ewi Energy Research & Scenarios und ITG Dresden & FIW München (2017): Szenarien für eine marktwirtschaftliche Klima- und Ressourcenschutzpolitik 2050 im Gebäudesektor - Eine Studie der dena, der geea und weiterer Verbände aus dem Bereich Gebäudeenergieeffizienz. Deutsche Energie-Agentur GmbH (dena), Berlin, (abgerufen am: 07.02.2020). zeigt ähnliche Einsparpotenziale. Sie quantifiziert mögliche zusätzliche Einsparungen durch Digitalisierung in Abhängigkeit von der installierten Anlagentechnik und dem baulichen Wärmeschutz im Bereich der Ein- und Mehrfamilienhäuser. Durch eine vorausschauende selbstadaptierende Heizungsregelung, die auf Wettervorhersagen effizient reagiert, ist beispielsweise eine Endenergieeinsparung zwischen 1,5 und 8 % möglich. Eine Heizungstechnik, die erkennt, ob sich Personen im Gebäude aufhalten oder nicht, und sich daraufhin selbst regelt, ermöglicht Endenergieeinsparungen zwischen 2,5 % (bei Neubauten) und 4 % (im Altbau)* ewi Energy Research & Scenarios und ITG Dresden & FIW München (2017): Szenarien für eine marktwirtschaftliche Klima- und Ressourcenschutzpolitik 2050 im Gebäudesektor - Eine Studie der dena, der geea und weiterer Verbände aus dem Bereich Gebäudeenergieeffizienz. Deutsche Energie-Agentur GmbH (dena), Berlin, (abgerufen am: 07.02.2020). .

Weitere Endenergieeinsparungen von 2 % (bei Neubauten) und 3 % (im Altbau) können durch einen automatisch durchgeführten hydraulischen Abgleich erzielt werden. Wird die Zirkulation im Warmwassernetz zeitlich optimiert, lassen sich zwischen 1,5 und 8 % des Endenergieverbrauchs sowie zwischen 5 und 25 % der Hilfsenergie einsparen* ewi Energy Research & Scenarios und ITG Dresden & FIW München (2017): Szenarien für eine marktwirtschaftliche Klima- und Ressourcenschutzpolitik 2050 im Gebäudesektor - Eine Studie der dena, der geea und weiterer Verbände aus dem Bereich Gebäudeenergieeffizienz. Deutsche Energie-Agentur GmbH (dena), Berlin, (abgerufen am: 07.02.2020). .

Durch die Kombination mehrerer Digitalisierungsoptionen wie Heizkurveneinstellung, Präsenzkontrolle, Lüftungserkennung, Anheiz- und heizende Option können zwischen 8 % (im Altbau) und 15 % (bei Neubauten) generiert werden* ewi Energy Research & Scenarios und ITG Dresden & FIW München (2017): Szenarien für eine marktwirtschaftliche Klima- und Ressourcenschutzpolitik 2050 im Gebäudesektor - Eine Studie der dena, der geea und weiterer Verbände aus dem Bereich Gebäudeenergieeffizienz. Deutsche Energie-Agentur GmbH (dena), Berlin, (abgerufen am: 07.02.2020). . Thermische Anforderungen eines Gebäudes können beispielsweise auf Basis einer Kombination der Gebäudedaten mit Wetterprognosen, Besuchszahlen oder Öffnungszeiten ermittelt und der Energieverbrauch durch eine prädiktive Steuerung um 20 bis maximal 40 % reduziert werden* Brecht, B. (2019): Künstliche Intelligenz in der Gebäudeautomation - Mit ausgeklügelten Algorithmen CO2-Emissionen reduzieren. In: Heizungsjournal, 54. Jahrgang (11-2019), S. 54 – 57. .

Ein reales Gebäude in der Schweiz erzielte monetäre Einsparungen von 38 % mithilfe einer automatisierten Kopplung der Wärme-, Kälte- und Stromseite sowie der Verschiebung und Vermarktung von Flexibilitäten* Groote, M. de und Lefever, M. (2016): Driving transformational Change in the Construction Value Chain - Reaching the untapped Potential. Buildings Performance Institute Europe (BPIE), Brussels, (abgerufen am: 30.09.2019). .

Gute Praxis Beispiele

Technische Gebäudeausrüstung und KI

Um Haustechnik effizient zu betreiben, setzt das Unternehmen enisyst auf die vorausschauende Steuerung der komplexen Systeme. So können Heizungs-, Lüftungs- und Kälteanlagen abgestimmt auf die Stromerzeugung aus PV und BHKW in Verbindung mit externen Stromspeichern in Elektroautos betrieben werden. Zur Optimierung der Technischen Gebäudeausrüstung wird eine prädiktive Regelung eingesetzt. In diese Regelung fließen auch Wetterprognosen ein. Damit kann die Nutzung des aus den PV-Anlagen und BHKWs selbst produzierten Stroms maximiert werden. Ein weiterer wichtiger Einflussparameter der Regelung ist der Bedarf, der durch Lastvorhersagemodelle beschrieben werden kann. Damit die Erzeugung und der Bedarf zur Deckung gebracht werden, setzt das Unternehmen auf Optimierung sowie selbstlernende Systeme und KI. Eine Vermarktung der Flexibilitäten am Strommarkt ist mit einer entsprechenden Steuerung ebenfalls realisierbar. Möglich ist eine vollständige Steuerung der Technischen Gebäudeausrüstung oder die Ansprache einzelner Systeme. Bei bereits realisierten Projekten lag die Effizienzsteigerung meist im Bereich zwischen 10 und 30 %. In einigen Fällen wurden auch über 50 % eingespart. Bei bereits sehr gut abgestimmten Gebäuden kann die Einsparung auch einmal unter 5 % liegen. Die Technische Gebäudeausrüstung wird über eine virtuelle Benutzeroberfläche hinsichtlich der Betriebsparameter visualisiert. Eine Auswertung der Daten mit Analysewerkzeugen ermöglicht Rückschlüsse auf Fehler. Eine automatische Benachrichtigung der Nutzer kann Stillstandzeiten und Schäden reduzieren. Das System ist herstellerunabhängig und modular aufgebaut und kann in Bestandsanlagen integriert werden.

Literatur:

VDI ZRE (2021): Potenziale der Technischen Gebäudeausrüstung und ihrer Automation zur Steigerung der Ressourceneffizienz [abgerufen am: 05.07.2022], verfügbar unter: www.ressource-deutschland.de/fileadmin/user_upload/1_Themen/h_Publikationen/Kurzanalysen/VDI-ZRE_KA28_TGA_Web_bf.pdf

LoRaWAN für Gebäude

LoRaWAN (Long Range Wide Area Network) ist eine Übertragungstechnologie, die mit relativ geringem Stromverbrauch über weite Strecken funken kann. Selbst große Gebäudekomplexe können damit von einem einzigen Gateway aus gesteuert werden. Tagsüber, teilweise aber auch nachts, werden viele Räume in Gebäuden durchgängig geheizt. Als einfache Energieeffizienzmaßnahme bietet sich daher die Heizung von Räumen abhängig von der Präsenz an. An dieser Stelle setzt das Unternehmen Raumgold mit einem Gebäudeautomatisierungssystem für die Heizung an. Rechtzeitig vor Nutzung des Raums wird die Temperatur erhöht und nach Nutzung des Raums wieder heruntergefahren. Das passiert über eine intelligente Heizkurve, die sich an die individuellen Raumparameter anpasst. Die Raumtemperatur kann prädiktiv anhand von Stundenplänen in einer Schule oder Raumbelegungsplänen in einem Tagungszentrum oder auch adaptiv mittels einer tatsächlichen Belegung gesteuert werden. Die Kommunikationsstrategie über LoRaWAN ermöglicht die Einbindung von Brückenelementen, um bestehende Gebäudeautomationssysteme ansprechen zu können. Aber selbst ohne die Einbindung weiterer Systeme können Einzelraumregelungen bis zu 20 % Energieeinsparung erbringen. Da keine Komponenten der technischen Gebäudeausrüstung ausgetauscht werden, ist die Energieeinsparung allein auf die Automatisierung der einzelnen Räume zurückzuführen. Das System arbeitet auf Basis der hinterlegten Pläne und der Präsenzerkennung. Über eine tiefere Einbindung und weitere Funktionen können aber noch größere Potenziale freigeschaltet werden. Geplant ist es, in Zukunft auch den hydraulischen Abgleich über das System zu gewährleisten oder den Heizkessel und die Pumpen intelligent in das System einzubinden und bedarfsgerecht zu steuern. Zusätzlich kann das System mit einer visuellen Anzeige und entsprechenden Sensoren gekoppelt werden, um den CO2-Gehalt der Luft anzuzeigen. Der CO2-Gehalt korreliert mit der Qualität der Innenraumluft.

Literatur:

VDI ZRE (2021): Potenziale der Technischen Gebäudeausrüstung und ihrer Automation zur Steigerung der Ressourceneffizienz [abgerufen am: 05.07.2022], verfügbar unter: www.ressource-deutschland.de/fileadmin/user_upload/1_Themen/h_Publikationen/Kurzanalysen/VDI-ZRE_KA28_TGA_Web_bf.pdf

ETA-Fabrik

In einem Projekt an der TU Darmstadt wurde ein Ansatz für die flexible Automation thermischer Systeme innerhalb einer Testfabrik entwickelt. Über die Energiemanagementebene kann aktiv auf die technischen Prozesse Einfluss genommen werden. Eine prädiktive und adaptive Regelung thermischer Lasten, die Nutzung von Abwärme sowie die Speicherung thermischer Energie sind Bestandteil des Konzepts. Auch Flexibilitätsoptionen an den Strom- und Gasmärkten können durch das Managementsystem aktiv einbezogen werden. Das Gebäudeautomationssystem der Halle kann der Energieeffizienz Klasse A zugeordnet werden. Der COP der Wärmepumpe liegt meist zwischen 4 und 5. Durch Lastprognosen findet auch die Belegung der Halle ihre Berücksichtigung. In Simulationen konnte gezeigt werden, dass eine optimierte Regelung der Energiesysteme gegenüber einer konventionellen Regelung mehr als 20 % der Energiekosten einsparen kann. Grundsätzlich hängt dies jedoch stark vom Energiesystem und den zugrunde liegenden Lasten ab. Herausforderungen der Zukunft liegen in den objektorientierten Programmierungsansätzen, die den Aufwand für die Einbindung neuer Geräte in das Gesamtsystem vermindern.

Literatur:

VDI ZRE (2021): Potenziale der Technischen Gebäudeausrüstung und ihrer Automation zur Steigerung der Ressourceneffizienz [abgerufen am: 05.07.2022], verfügbar unter: www.ressource-deutschland.de/fileadmin/user_upload/1_Themen/h_Publikationen/Kurzanalysen/VDI-ZRE_KA28_TGA_Web_bf.pdf

Optimierte Steuerdaten für die Automation

Ein bereits vorhandenes Gebäudeautomationssystem kann auch mit optimierten Steuerdaten versorgt werden. Diesen Ansatz verfolgt das Unternehmen MeteoViva. In Kombination mit dem integrierten Energiemanagementsystem lassen sich die Energieverbräuche und Effizienzmaßnahmen dokumentieren und optimieren. Neben allen relevanten thermischen Einflussfaktoren auf ein Gebäude werden auch variable Energiepreise für Last und Verbrauch mit einbezogen. Dabei lassen sich Last und Verbrauch sowohl auf thermischer als auch auf elektrischer Ebene optimieren. Als Ziel kann die Kostenreduktion oder ein geringerer CO2-Ausstoß definiert werden. Mit der intelligenten Gebäudesteuerung konnten beispielsweise in einem Projekt in Hamburg die Energiekosten im ersten Jahr um 44 % reduziert werden. Maßgeblich verantwortlich dafür war die bedarfsgerechte Steuerung der Anlagentechnik.

Literatur:

VDI ZRE (2021): Potenziale der Technischen Gebäudeausrüstung und ihrer Automation zur Steigerung der Ressourceneffizienz [abgerufen am: 05.07.2022], verfügbar unter: www.ressource-deutschland.de/fileadmin/user_upload/1_Themen/h_Publikationen/Kurzanalysen/VDI-ZRE_KA28_TGA_Web_bf.pdf

Digitaler Heizungskeller

Der Energieverbrauch von Heizungsanlagen kann durch fehlerhafte Programmierung, falsch montierte oder defekte Bauteile in die Höhe gehen, ohne die Wärmeabgabe zu beeinträchtigen. Um jederzeit über den Betriebszustand der Heizungsanlage Bescheid zu wissen, werden neben Sensoren in der Anlage selbst auch Fachleute benötigt, die die erfassten Daten auswerten und die richtigen Schlüsse ziehen. Das Hamburger Start-up ENER-IQ möchte das ändern. „Bei den meisten Heizungen gibt es keine Sensoren im kompletten System der Wärmeerzeugung und Verteilung. Passen beispielsweise die Schaltzustände nicht, müssen das bislang Fachleute manuell und vor Ort überprüfen. Wir wollen, dass Sensoren und Technologien aus dem Bereich der künstlichen Intelligenz das herausfinden“, erklärt Mitgründer Sven Rausch die Idee. Den Anteil der reinen Automation an der höheren Energieeffizienz des Heizungssystems schätzt das Unternehmen auf zukünftig 60 % und steigend. Bisher kann das Unternehmen nur in Ausnahmefällen und bei gegebenem Fernzugriff eine Änderung der Einstellungen bei schlecht laufenden Anlagen vornehmen. Eine vollständige Automatisierung zur kontinuierlichen Optimierung hätte aber erheblichen Einfluss auf die Gesamtperformance einer Anlage. Etwaige Parameteränderungen wären in Sekundenbruchteilen automatisch erledigt und der Einsatz eines Handwerkers wäre nicht mehr zwingend notwendig.

Literatur:

VDI ZRE (2021): Potenziale der Technischen Gebäudeausrüstung und ihrer Automation zur Steigerung der Ressourceneffizienz [abgerufen am: 05.07.2022], verfügbar unter: www.ressource-deutschland.de/fileadmin/user_upload/1_Themen/h_Publikationen/Kurzanalysen/VDI-ZRE_KA28_TGA_Web_bf.pdf

VDI-Richtlinie

VDI 3814: Gebäudeautomation