Passive Kühlsysteme

Das Bild zeigt die Detailaufnahme eines passiven Kühlsystems.© www.archlab.de

Passive Kühlsysteme können mit minimalem Energieaufwand Gebäude auf ein moderates Temperaturniveau abkühlen. Betriebsenergie wird dafür höchstens für die Förderung des Kühlmediums benötigt. Eine Herabsetzung der Innentemperaturen erfolgt durch die Nutzung der Außenluft und/oder des Erdreichs als Wärmesenke.

Das wahrscheinlich einfachste passive Kühlsystem stellt die Fensterlüftung dar, wobei unterstützende Sensorik zum Einsatz kommen kann (z. B. für eine effiziente Nachtlüftung im Sommer). Außerdem zählt die natürliche Beschattung, z. B. durch Bäume oder Fassadenbegrünung, zur passiven Kühlung. Eine Auswahl an passiven Kühltechnologien ist im Folgenden beschrieben. Darüber hinaus finden Rückkühler, Erdwärmesonden, Energiepfähle, Erdwärmekollektoren und Brunnensysteme Anwendung* Radermacher, A. N. (2019): Passive Kühlsysteme - Potenziale zur Verbesserung des sommerlichen Wärmeverhaltens von Gebäuden und Bewertung am Beispiel der Sohlplattenkühlung. Universität Kassel, Kassel, (abgerufen am: 03.06.2022). .

Bauteilaktivierung

Bei der Bauteilaktivierung werden Wasserleitungen in Boden, Decken oder Wänden integriert. Dabei liegen einige Konstruktionsvarianten vor, zu denen z. B. auch die Fußbodenheizung zählt. Ist im Sommer eine Kühlung erwünscht, geben die tagsüber erwärmten Bauteile zu kühleren Tageszeiten die gespeicherte Wärme über das zirkulierende Wasser an die Wärmesenke ab. Im Winter kann das System zusätzlich als Heizung genutzt werden. Vorteilhaft ist, dass sowohl bei der Kühlung als auch Heizung die Wärmeübertragung über eine große Fläche stattfindet. Dadurch ist die Erwärmung der Räume mit einer niedrigen Vorlauftemperatur möglich und umgekehrt die Kühlung mit verhältnismäßig hohen Temperaturen (16 bis 22 °C). Eine Bauteilaktivierung kann mit verschiedenen Systemen kombiniert werden. Das Erdreich als Wärmesenke ist beispielsweise passiv über Erdwärmesonden nutzbar. Zum Erzeugen von Wärme im Winter eignet sich z. B. die Kombination mit einer Sole-Wasser-Wärmepumpe* Radermacher, A. N. (2019): Passive Kühlsysteme - Potenziale zur Verbesserung des sommerlichen Wärmeverhaltens von Gebäuden und Bewertung am Beispiel der Sohlplattenkühlung. Universität Kassel, Kassel, (abgerufen am: 03.06.2022). .

Adiabate Abluftkühlung

Die adiabate Abluftkühlung (auch Verdunstungskühlung) ist eine Möglichkeit, ein Gebäude mit minimalem Energieaufwand zu kühlen. Dabei wird Wasser (auch Regenwasser) im Abluftstrom eines Lüftungsgeräts versprüht, was zu einer Abkühlung führt. Die kühle Abluft entzieht dann in einem Wärmetauscher der warmen Zuluft die Wärme, ohne dass ein Austausch zwischen den beiden Luftströmen stattfindet. Das Kühlpotenzial ist hierbei abhängig von der Außen- und Abluftfeuchte. Je höher der Feuchtegehalt der Abluft, desto geringer ist die Wirksamkeit der adiabaten Abluftkühlung und zeigt unter Umständen keinen Effekt. Dennoch ist bei günstigen Bedingungen eine Abkühlung der Zuluft um bis zu 10 K möglich* Radermacher, A. N. (2019): Passive Kühlsysteme - Potenziale zur Verbesserung des sommerlichen Wärmeverhaltens von Gebäuden und Bewertung am Beispiel der Sohlplattenkühlung. Universität Kassel, Kassel, (abgerufen am: 03.06.2022). . Verfügt ein Gebäude bereits über eine Lüftungswärmerückgewinnung, kann die Installation einer nachträglichen Befeuchtung stattfinden. Da die adiabate Abluftkühlung vorwiegend im Sommer erfolgt, ist eine parallele Nutzung des Regenwassers für andere Zwecke sinnvoll.

Vorteile der adiabaten Abluftkühlung mit Regenwasser:

  • Reduktion der Kosten (auch im Vergleich zur Nutzung von Kraft-Wärme-Kopplung-(KWK‑)Abwärme oder solarer Wärme zur Kälteerzeugung)
  • Reduktion des Wasserbedarfs zur Kühlung (im Vergleich zu Trinkwasser) durch einen geringeren Salz- und Kalkgehalt im Regenwasser (zusätzlich: Ausbleiben einer regelmäßigen Absalzung)
  • Einsparung von Trink- und Abwasser
  • Rückführung des Regenwassers in den natürlichen Niederschlags- bzw. Verdunstungskreislauf

Da bei der adiabaten Abluftkühlung Wasser im Abluftstrom versprüht wird, ist sie eine potenzielle Quelle für luftgetragene Keime. Wichtige Hinweise zum hygienegerechten Betrieb solcher Anlagen finden sich in der Richtlinie VDI 2047, Blatt 2 „Rückkühlwerke – Sicherstellung des hygienegerechten Betriebs von Verdunstungskühlanlagen“. Darüber hinaus sind in der Richtlinie die Planung, der Bau und die Instandhaltung von Verdunstungskühlanlagen beschrieben* VDI 2047 Blatt 2:2019-01, Rückkühlwerke - Sicherstellung des hygienegerechten Betriebs von Verdunstungskühlanlagen (VDI-Kühlturmregeln), Beuth Verlag GmbH, Berlin. .

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Sohlplattenkühlung

Bei einer Sohlplattenkühlung wird ein Rohrregister unter oder innerhalb der Bodenplatte verlegt. Als Kühlmedium kommt Wasser zum Einsatz, das über die Bauteilaktivierung Wänden oder Decken die Wärme entzieht und an den Untergrund abgibt. Bei einer Beheizung des untersten Geschosses im Winter ist unter Umständen das Erdreich im Sommer nicht mehr als Wärmesenke nutzbar, weshalb in diesem Falle zur Beurteilung der Sinnhaftigkeit einer Sohlplattenkühlung eine thermische Simulation durchgeführt werden sollte* Radermacher, A. N. (2019): Passive Kühlsysteme - Potenziale zur Verbesserung des sommerlichen Wärmeverhaltens von Gebäuden und Bewertung am Beispiel der Sohlplattenkühlung. Universität Kassel, Kassel, (abgerufen am: 03.06.2022). .

Die Sohlplattenkühlung ist im Vergleich zu anderen passiven Kühlsystemen einfach umzusetzen. Für den zusätzlichen Erdaushub sind nur geringe Zusatzinvestitionen erforderlich. Der Nutzen des Systems muss je nach Gegebenheit in Abhängigkeit der Erdreicheigenschaften, der Geschosszahl und des Lüftungskonzepts abgewogen werden. Generell besteht ein hohes Potenzial zur Senkung der Übertemperaturgradstunden bei gleichzeitig niedrigem Energiebedarf für den Betrieb der Pumpen* Radermacher, A. N. (2019): Passive Kühlsysteme - Potenziale zur Verbesserung des sommerlichen Wärmeverhaltens von Gebäuden und Bewertung am Beispiel der Sohlplattenkühlung. Universität Kassel, Kassel, (abgerufen am: 03.06.2022). .

Luft-Erdwärmetauscher

Luft-Erdwärmetauscher nutzen die Außenluft und das Erdreich als Wärmesenke bzw. -quelle. Die Zuluft wird dabei über ein Erdkollektorrohr geführt und über die in einer bestimmten Tiefe konstante Temperatur im Erdreich erwärmt oder gekühlt. Dadurch sinkt der Energiebedarf für eine weitere Aufbereitung der Zuluft. Das Ergebnis ist abhängig von der Strömungsgeschwindigkeit und Temperaturdifferenz zwischen der angesaugten Außenluft und dem Boden. Eine Vorwärmung der Außenluft im Winter durch Solar-Luft-Kollektoren kann zur effizienteren Erwärmung der Luft in den darauffolgenden Prozessen beitragen* UBA (o. D.): Der Erdwärmetauscher am Dienstgebäude des Umweltbundesamtes in Dessau. Umweltbundesamt (UBA), Dessau-Roßlau, (abgerufen am: 06.07.2022). .

Gute Praxis Beispiele

Luft-Erdwärmetauscher am Dienstgebäude des Umweltbundesamtes in Dessau

Bei der Errichtung des Dienstgebäudes vom Umweltbundesamt in Dessau wurde im Zuge einer großflächigen Boden- und Grundwassersanierung ein etwa 5 km langes und in vier Felder aufgeteiltes unteririsches Rohrsystem verlegt sowie ein Luftansaugturm gebaut. Dieses mit Luft durchströmte Rohrsystem dient als Luft-Erdwärmetauscher. Im Jahr 2009 erzielte die Anlage einen Wärmeertrag von etwa 74 MWh und einen Kälteertrag von etwa 39 MWh. 32 °C warme Luft wurde dabei im Sommer auf 20 °C abgekühlt. Im Winter erfolgte eine Vorerwärmung der -10 °C kalten Luft auf 4 °C.

Literatur:

UBA (o. D.): Der Erdwärmetauscher am Dienstgebäude des Umweltbundesamtes in Dessau. Umweltbundesamt (UBA), Dessau-Roßlau [abgerufen am: 06.07.2022], verfügbar unter: www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/publikation/long/3940.pdf

VDI-Richtlinie

VDI 2047: Rückkühlwerke (VDI-Kühlturmregeln)