Eine effiziente Gebäudehülle spart Kosten und schont natürliche Ressourcen. Insbesondere vor dem Hintergrund der aktuell noch begrenzten Verfügbarkeit von Strom und Wärme aus erneuerbaren Energiequellen spielt die Minimierung des Endenergieverbrauchs einzelner Gebäude eine wichtige Rolle auf dem Weg zur nationalen Klimaneutralität*
Großklos, M.; Bischof, J.; Hörner, M. und Müller, A. (2021): Überlegungen zur Klimaneutralität bei Gebäuden. Institut Wohnen und Umwelt GmbH, Darmstadt.
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Damit sich die heute getroffenen Maßnahmen im Bereich der Gebäudedämmung auch langfristig positiv auswirken, sollten rezyklierbare Dämmstoffe ausgewählt werden. Diese müssen am Lebenszyklusende sortenrein demontierbar sein, also lose eingebaut oder mechanisch befestigt werden. Verklebte Dämmstoffe sind aktuell schwer wiedergewinnbar und können daher nur thermisch verwertet oder deponiert werden*
Reinhardt, J.; Veith, C.; Lempik, J.; Knappe, F.; Mellwig, P.; Giegrich, J.; Muchow, N.; Schmitz, T. und Voß, l. (2019): Ganzheitliche Bewertung von verschiedenen Dämmstoffalternativen. Institut für Energie- und Umweltforschung Heidelberg (ifeu), Heidelberg/Neckargemünd, (abgerufen am: 18.05.2022).
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Reinhardt, J.; Veith, C.; Knappe, F. und Mellwig, P. (2022): Der Gebäudebestand steht vor einer Sanierungswelle – Dämmstoffe müssen sich den Materialkreislauf erschließen. Institut für Energie- und Umweltforschung Heidelberg (ifeu), Heidelberg, (abgerufen am: 20.05.2022).
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Abhängig von der Einbausituation und den technischen Anforderungen können verschiedene Dämmstoffe zum Einsatz kommen. Die Auswahl der Materialien erfolgt häufig aus technischer und ökonomischer Sicht. Dabei werden in vielen Fällen externe und zukünftige Kosten vernachlässigt.
© PantherMedia /stocksnapperDämmstoffe aus Recycling-Stoffen schonen Ressourcen.
Die Kurzanalyse „Ressourceneffizienz der Dämmstoffe im Hochbau“ des VDI Zentrums Ressourceneffizienz kommt zu dem Ergebnis, dass selbst energieintensive Dämmstoffe in Summe dazu führen, dass über den Gebäudelebenszyklus deutlich mehr Energie eingespart wird als für die Herstellung der Materialien aufgebracht werden muss* Becker, N. und Pichlmeier, F. (2016): Ressourceneffizienz der Dämmstoffe im Hochbau. 3, Auflage. VDI Zentrum Ressourceneffizienz GmbH, Berlin. . Im Sinne der ganzheitlichen Ressourceneffizienz sollten aber auch weitere Aspekte berücksichtigt werden. In der Kurzanalyse wurden die gängigsten Dämmprodukte für verschiedene Einbausituationen nach den vier Kriterien Rohstoffart, Energiebedarf, CO2-Emissionen und Entsorgung bewertet und miteinander verglichen* Becker, N. und Pichlmeier, F. (2016): Ressourceneffizienz der Dämmstoffe im Hochbau. 3, Auflage. VDI Zentrum Ressourceneffizienz GmbH, Berlin. .
Die Verwendung nachwachsender Rohstoffe (z. B. Stroh, Hanf, Zellulose) oder von Materialien mit einem Recyclinganteil von mehr als 50 Prozent ist im Sinne der Ressourceneffizienz positiv zu werten.
Beim Energiebedarf in der Herstellung ist der nicht erneuerbare Primärenergiebedarf entscheidend. Den geringsten Energiebedarf unter den untersuchten Dämmstoffen weisen lose Zellulosefasern, Stroh, Mineralwolle, Kork und Steinwolle auf. Ein weiteres Kriterium ist der Anteil erneuerbarer Primärenergie am gesamten Primärenergiebedarf. Dieser repräsentiert bei nachwachsenden Dämmstoffen die gespeicherte solare Energie und ist demnach entsprechend hoch. Die erneuerbare Energie kann im Zuge einer thermischen Verwertung genutzt werden.
Die durch die Herstellung der Dämmstoffe verursachten CO2-Emissionen fallen, abhängig von der Rohstoffart und Einbausituation, sehr unterschiedlich aus. Eine detaillierte Bewertung der gängigsten Dämmstoffe findet sich in der Kurzanalyse. Nachwachsende Dämmstoffe verzeichnen negative CO2-Emissionen, da während des Pflanzenwachstums der Atmosphäre CO2 entzogen wird. Dieses bleibt über die Nutzungsdauer im Dämmstoff gespeichert; z. B. bei der Nutzung von Stroh als Dämmstoff. Dieses wächst im Vergleich zu Holz deutlich schneller, ist europaweit verfügbar ist und besitzt ein hohes Potenzial für die Bestandssanierung* Göswein, V.; Reichmann, J.; Habert, G. und Pittau, F. (2021): Land availability in Europe for a radical shift toward bio-based construction. In: Sustainable Cities and Society, 70, 102929. .
Dämmstoffe werden aktuell, mit wenigen Ausnahmen, entweder deponiert oder thermisch verwertet. Diese Optionen verfügen nicht über die Potenziale für eine Schonung der Ressourcen wie das Recycling. Daher ist es notwendig, geeignete Konzepte hierfür zu entwickeln. Denn bereits durch die Auswahl bestimmter Produkte und Befestigungsvarianten wird über zukünftige Möglichkeiten zur Wiederverwendung beim Rückbau entschieden. Eine positive Ausnahme bilden die Vakuumisolationspaneele, da hier ein Teil der Rohstoffe im Kreislauf gehalten werden kann.
Die Wichtigkeit der energetischen Gebäudesanierung wird an diesem beispielhaften Vergleich deutlich*
Becker, N. und Pichlmeier, F. (2016): Ressourceneffizienz der Dämmstoffe im Hochbau. 3, Auflage. VDI Zentrum Ressourceneffizienz GmbH, Berlin.
: Ein Einfamilienhaus mit 120 m² Grundfläche und durchschnittlichen Wärmedämmeigenschaften verbraucht für die Raumheizung jährlich etwa 1.600 Liter Heizöl. Dabei würden bereits 40 Prozent des in einem Winter verheizten Erdöls ausreichen, um daraus eine 25 cm dicke Fassadendämmung aus expandiertem Polystyrol (EPS) herzustellen und damit über Jahrzehnte den Heizölbedarf des Gebäudes drastisch zu reduzieren.
© VDI ZRE / Marko NaujokatVergleich Heizölbedarf für eine Heizperiode zu Erdölbedarf für komplette Fassadendämmung aus EPS.
Dennoch hält sich der Mythos, dass bei sehr großen Schichtdicken an Dämmung diese in der Herstellung mehr Energie benötigen als sie in der Nutzungsdauer einsparen. Um dies zu widerlegen, stellt nachfolgende Abbildung in Abhängigkeit von der Dämmstoffdicke den Energieverbrauch für die Dämmstoffherstellung den Energieeinsparungen während der Nutzungsphase gegenüber. Dabei wird von einer Wand aus 24 cm Hochlochziegeln ausgegangen. Für das angegebene Beispiel wurde bewusst ein Dämmstoff (EPS) mit einem hohen Energiebedarf in der Herstellung (i. e. nicht erneuerbare Primärenergie) gewählt.
© VDI ZRE / Marko NaujokatVergleich Energiebedarf zur Dämmstoffherstellung und Energieeinsparung während der Nutzungsphase.
Es wird deutlich, dass über eine 40-jährige Nutzungsdauer die eingesparte Raumwärme bei weitem die Energie für die Herstellung des Produkts überschreitet. Für eine Dämmstoffdicke von bis zu 28 cm wird diese sogar innerhalb eines Jahres eingespart. Da zahlreiche Dämmstoffe deutlich weniger Herstellungsenergie benötigen als das hier gewählte EPS, fällt die Bilanz in vielen Fällen noch günstiger aus.
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