Mit einer Renovierungswelle möchte die Europäische Kommission bis 2030 die Renovierungsquoten erhöhen, die Emissionen aus dem Gebäudesektor senken und die Energiearmut verringern. Dafür sollen zunächst die ineffizientesten sowie öffentliche Gebäude renoviert werden.*
European Commission (2021): Renovation wave (online) - Renovating the EU building stock will improve energy efficiency while driving the clean energy transition, (abgerufen am: 29.06.2022).
Ein wichtiger Baustein ist die Dekarbonisierung der Heiz- und Kühltechnik in allen Gebäuden*
European Commission (2021): Renovation wave (online) - Renovating the EU building stock will improve energy efficiency while driving the clean energy transition, (abgerufen am: 29.06.2022).
. Denn: rund 30 Prozent des deutschen Endenergieverbrauchs wird von privaten Haushalten verursacht. Davon entfallen rund 70 Prozent auf die Erzeugung von Raumwärme und Warmwasser*
Bdew (2022): Beheizungsstruktur des Wohnungsbestandes in Deutschland 2021 (online), 05.05.2022, (abgerufen am: 05.05.2022).
. Zum Vergleich: Der Anteil des Energieverbrauchs der gesamten deutschen Industrie beträgt ebenfalls 30 Prozent*
Bdew (2022): Beheizungsstruktur des Wohnungsbestandes in Deutschland 2021 (online), 05.05.2022, (abgerufen am: 05.05.2022).
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Bei der Erzeugung von Energie kommen weiterhin überwiegend fossile Energieträger zum Einsatz. Im Jahr 2021 wurden knapp 50 Prozent des Wohnungsbestandes mit Gas beheizt. Bei weiteren 25 Prozent wird Mineralöl eingesetzt. Nur knapp 3 Prozent der deutschen Wohnungen waren im Jahr 2021 mit Elektro-Wärmepumpen ausgestattet*
Bdew (2022): Beheizungsstruktur des Wohnungsbestandes in Deutschland 2021 (online), 05.05.2022, (abgerufen am: 05.05.2022).
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Hinzu kommt, dass unsanierte Gebäude, die vor 1977 errichtet wurden, häufig eine ineffiziente Gebäudehülle besitzen. Das hat zur Folge, dass hohe Energieaufwände notwendig sind, um die erforderliche Raumwärme zu erzeugen. Alte Fenster, ungedämmte Dächer und oberste Decken sowie Fassaden verursachen hohe Wärmeverluste und bieten gleichzeitig große Potenziale für mehr Ressourceneffizienz*
BuVEG (o. D.): Energieeffiziente Gebäudehülle - entscheidend für klimapolitische Ziele. Bundesverband energieeffiziente Gebäudehülle e.V. (BuVEG), Berlin, (abgerufen am: 05.05.2022).
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© PantherMedia /stocksnapperBei der geplanten Renovierungswelle ist es wichtig, neben der Energieeffizienz im Gebäudebetrieb auch den Ressourcenverbrauch der Bautätigkeiten zu beachten. Dabei kommt dem Prinzip des kreislauffähigen Bauens eine große Bedeutung zu. Dämmstoffe sollten so verbaut werden, dass sie am Lebenszyklusende eines Gebäudes sortenrein entnommen und hochwertig recycelt oder wiederverwendet werden können. Dafür müssen die eingesetzten Dämmprodukte demontierbar sein.
Das bedeutet, dass sie lose eingebaut oder mechanisch befestigt sein sollten. Verklebte Dämmstoffe, die herkömmlich verwendet werden, sind nur schwer wiedergewinnbar und werden aktuell thermisch verwertet oder deponiert*
Reinhardt, J.; Veith, C.; Knappe, F. und Mellwig, P. (2022): Der Gebäudebestand steht vor einer Sanierungswelle – Dämmstoffe müssen sich den Materialkreislauf erschließen. Institut für Energie- und Umweltforschung Heidelberg (ifeu), Heidelberg, (abgerufen am: 20.05.2022).
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Reinhardt, J.; Veith, C.; Lempik, J.; Knappe, F.; Mellwig, P.; Giegrich, J.; Muchow, N.; Schmitz, T. und Voß, l. (2019): Ganzheitliche Bewertung von verschiedenen Dämmstoffalternativen. Institut für Energie- und Umweltforschung Heidelberg (ifeu), Heidelberg/Neckargemünd, (abgerufen am: 18.05.2022).
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Die Auswahl energie- sowie emissionsarmer Rohstoffe bringt weitere Vorteile mit sich. Eine Studie des VDI Zentrums Ressourceneffizienz stellt die Umweltwirkungen der gängigen Dämmstoffe abhängig von der jeweiligen Einbausituation gegenüber. Außerdem wird gezeigt, dass selbst die energieintensiven Dämmstoffe in Summe dazu führen, dass über den Gebäudelebenszyklus deutlich mehr Energie eingespart werden kann, als für die Herstellung der Materialien benötigt wird*
Becker, N. und Pichlmeier, F. (2016): Ressourceneffizienz der Dämmstoffe im Hochbau. 3, Auflage. VDI Zentrum Ressourceneffizienz GmbH, Berlin.
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Die Deutsche Unternehmensinitiative Energieeffizienz e. V. (DENEFF) hat in einer Studie untersucht, inwieweit die ambitionierte energetische Modernisierung von Gebäuden aus den Jahren 1919 bis 1978 wirtschaftlich ist. Das Ergebnis: Eine Modernisierung des Gebäudebestands zahlt sich aus. Zusätzlich bieten staatliche Förderprogramme finanzielle Unterstützung. Der Endenergiebedarf kann um etwa 55 – 70 Prozent gesenkt werden. Gleichzeitig erfolgt eine Reduktion der CO2-Emissionen um bis zu 95 Prozent. Das Risiko von höheren Lebenszykluskosten durch stark steigende Energiepreise ist bei modernisierten Gebäuden deutlich geringer*
Hinz, E. und Enseling, A. (2022): Gutachten für den Verbraucherzentrale Bundesverband: „Spezifische Kosten für die energietechnische Modernisierung im Gebäudebestand in Abhängigkeit des Effizienzstandards“ - Aktualisierte Kurzfassung der Studie angesichts globaler Entwicklungen 2022. Deutsche Unternehmensinitiative Energieeffizienz e. V. (DENEFF), Darmstadt, (abgerufen am: 05.05.2022).
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Häufig wird argumentiert, dass ein Gebäude-Abriss und anschließender Neubau deutlich mehr Ressourcen spart als eine energetische Modernisierung, da der Neubau weitaus energieeffizienter sei als das Bestandsgebäude. In einer im Jahr 2022 veröffentlichten Studie des Wuppertal Instituts wurde diese Argumentation untersucht.
© PantherMedia / fotogigi85Anhand von Beispielgebäuden wurde ermittelt, inwieweit eine Bestandssanierung ökologisch vorteilhaft gegenüber einem Abriss mit anschließendem Neubau ist. Das Ergebnis zeigt, dass die Vorteile der Modernisierung überwiegen. Insbesondere bei einem Umstieg auf Fernwärme oder eine Wärmepumpen-Heizung schneiden die modernisierten Bestandsgebäude am besten ab. Der Materialbedarf für eine Sanierung der Beispielgebäude befindet sich in einer Spannweite von 2,3 Tonnen bis 46 Tonnen und liegt damit sehr deutlich unter dem Materialbedarf für einen Neubau. Hier rechnet man mit 1.276 Tonnen bis 7.070 Tonnen Materialverbrauch*
Steger, S.; Wilts, H.; Bergs, L. und Bergmann, L. (2022): Energetische Sanierung von Bestandsgebäuden oder Neubau - Ökologische Bewertung hinsichtlich Materialbedarf, Primärenergieverbrauch und damit verbundenen Treibhausgas-Emissionen. Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie gGmbH (WI), Wuppertal, (abgerufen am: 05.05.2022).
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Bei Neubaumaßnahmen auf der „grünen Wiese“ muss außerdem die zusätzliche Inanspruchnahme der Fläche sowie der Rohstoffverbrauch für die neue Infrastruktur (z. B. Straßen, Kanäle, öffentliche Einrichtungen) berücksichtigt werden. Im Sinne eines ressourcenoptimierten Bauens sollte der Nutzung bereits erschlossener Gebiete durch Umnutzung von Brachflächen, Nachverdichtung und Aufstockungen Vorrang gegeben werden.
Nach der Einführung des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) und durch gezielte staatliche Förderungen konnte der durchschnittliche Energiebedarf pro Quadratmeter Nutzfläche in den letzten Jahren vor allem in Neubauten reduziert werden. Weil die Gesamtzahl der Haushalte allerdings anwächst, steigt der Gesamtenergieverbrauch weiter an. Die Statistik zeigt, dass alleinlebende Personen etwa 38 Prozent mehr Energie als der Pro-Kopf-Durchschnitt verbrauchen. Je mehr Personen sich einen Haushalt teilen, desto geringer fällt der Pro-Kopf-Verbrauch aus*
Statistisches Bundesamt (2022): Alleinlebende verbrauchen 38 % mehr Wohnenergie als der Pro-Kopf-Durchschnitt aller Haushalte (online), 01.03.2022, (abgerufen am: 04.05.2022).
. Zusätzlich gibt es einen Rebound-Effekt. Durch effizientere Gebäude werden Betriebskosten reduziert, was unter Umständen dazu führt, dass die Bewohnerinnen und Bewohner höhere Komfortansprüche entwickeln und dadurch mehr Energie verbrauchen.
Effiziente Gebäudehüllen und Heizungstechnik sind notwendig, um bis 2050 einen klimaneutralen Gebäudebestand zu erreichen. Der Erhalt der Bausubstanz und die energetische Modernisierung sollten Priorität vor dem Abriss und Neubau haben. Es gilt auch Selbstverantwortung zu übernehmen und das individuelle Nutzungsverhalten zu hinterfragen, um Rebound-Effekte zu vermeiden. Transparente Verbrauchswerte in Echtzeit können Bewohnerinnen und Bewohner dahingehend sensibilisieren.
Der Ressourcencheck zeigt Energieeffizienzpotenziale im Zusammenhang mit Aufzügen auf. Insbesondere im älteren Gebäudebestand können Aufzüge einen deutlichen Anteil am Gesamtenergieverbrauch ausmachen.
Ressourceneffizienzpotenziale bei AufzügenDer Ressourcencheck zeigt Energieeffizienzpotenziale im Zusammenhang mit Aufzügen auf. Insbesondere im älteren Gebäudebestand können Aufzüge einen deutlichen Anteil am Gesamtenergieverbrauch ausmachen.
Ressourceneffizienzpotenziale bei AufzügenBei Fragen zum Thema „Energetische Modernisierung“ helfen wir Ihnen gerne weiter.
Tel.: +49 (0)30 2759506-505
E-Mail: zre-industrie@vdi.de